DIE LETZTEN TAGE DER MENSCHHEIT

Von: Karl Kraus

Mit: Elisabeth Auer, Blandine Bonjour, Hedwig Franke, Monika-Margret Steger, Christian Birko-Flemming, Gerhard Piske

Fassung: Rainer Escher, Ensemble

Regie: Rainer Escher
200 Szenen, 750 Figuren, mit diesen dürren Zahlen läßt sich das Theaterstück von Karl Kraus, das den Ersten Weltkrieg zum Thema hat, umschreiben. Und sie zeigen auch schon: dieses Werk ist nicht für die Bühne gedacht.

Das Neue EnsemblE hat sich trotzdem an diesen Text gewagt. Hat gestrichen und bearbeitet und am Ende sind ca. 30 Szenen übriggeblieben, die den Wahnsinn dieses ersten Maschinen-Krieges der Menschheit abbilden. In rasender Geschwindigkeit geht es von Wien an die Isonzo-Front, von dort an die Ostfront und wieder zurück ins Café Sacher. Man sieht Könige und Kaiser, Taschendiebe und Industrielle; es gibt Die Schalek, die erste Frau, die als Journalistin an der Front gearbeitet hat. Und zwei Besserwisser, die im Stile von Dick und Doof die Weltgeschichte erklären. Und… ganz am Rande tauchen die auf, die für diesen Irrsinn den Kopf hinhalten müssen: die Landser, die Poilus… „Soldaten sind sich alle gleich, lebendig und als Leich’“…
Um zu zeigen, dass es in dieser männerdominierten, militarisierten Gesellschaft auch noch andere Stimmen gab, wurden Texte von Käthe Kollwitz, Bertha von Suttner und Clara Zetkin dazwischengeschaltet.
So entsteht eine Collage aus historischen Fakten, politischen Diskursen und kabaretthaften Szenen. Tatsache: Rund dreißig Prozent der Texte sind Originalzitate historischer Personen.

Das Neue EnsemblE hat sich an diesen Text gewagt, nicht nur weil sich dieses Ereignis zum hundertsten Male jährt, sondern weil dieser Erste Weltkrieg in UNSEREM Bewußtsein kaum eine Rolle spielt. Weil sich in ihm schon das gleiche Personal mit den gleichen Ideen tummelte wie sie später im Faschismus wieder an die Oberfläche kommen. Und auch, weil das Spiel um die Aufteilung von Herrschaft und Ressourcen mit den Lieblingsspielzeugen der Männer, den Waffen, die hin- und hergeschoben werden, sich gerade ein weiteres Mal im ganz großen Stil zu wiederholen droht…

 

 

„In Mannheim wird der ganze Sarkasmus abgebildet, der ‚Die letzten Tage der Menschheit‘ so bitter macht. Heftiger Beifall für eine bestechende Premiere.“

Eckard Britsch  28 11 2014  Mannheimer Morgen

 

 

„‚Ein feste Burg ist unser Gott‘ singt das Ensemble zur Akkordeonbegleitung Blandine Bonjours. Später stimmt es auch ‚Heil dir im Siegerkranz‘ an, die preußische Volkshymne auf den Kaiser. Schon kleine Kinder im gutbürgerlichen Wohnzimmer spielen Weltkrieg, mitsamt Lügenpropaganda, Giftgas und unbedingtem Vernichtungswillen, während die hochnäsige Mutter kühl mahnt: ‚Vergesst nicht eure gute Erziehung!‘

Jeder der fünf Schauspieler übernimmt mehrere Rollen. Der rasche Szenenwechsel mit spärlichen Requisiten vollzieht sich vor den Augen der Zuschauer. Oft reicht der Tausch eines Hutes gegen einen Stahlhelm. Dabei gelingt es Regisseur Rainer Escher, einen weiten Bogen von der anfänglichen Kriegsbegeisterung bis zum Katzenjammer über die Niederlage der verbündeten Mittelmächte Deutschland und Österreich zu schlagen.“

Hans-Ulrich Fechler am 18 12.2014  Die Rheinpfalz

 

Karl Kraus (1874 – 1936) war einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller des beginnenden 20. Jahrhunderts. Er war Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Förderer junger Autoren, Sprach- und Kulturkritiker sowie vor allem ein scharfer Kritiker der Presse und des Hetzjournalismus oder, wie er selbst es ausdrückte, der Journaille.

 

 

Die Produktion wird gefördert durch den Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende Baden-Württemberg aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.